» WordPress als kostenloser Online Shop machbar?

am: 19.11.2009
von: Andreas
in: Webmaster

Vor gut zwei Wochen bin ich auf ein WordPress Plug-in gestoßen, das einen bestehenden Blog, zu einem kleinen Shop erweitern kann. Leider stellte sich heraus, das dieses Plug-in nicht mehr weiter entwickelt wird und daher nicht mehr ganz kompatibel mit WordPress 2.8.x ist. Als ehemaliger Shop Betreiber, stellte sich mir die Frage, ob es überhaupt möglich ist, aus WordPress einen funktionalen und sicheren Online Shop zu machen.

Interessanter Markt: WP Shops in USA

Diese Frage ist prinzipiell  mit ja zu beantworten. In WordPress  lässt sich definitiv ein kleiner Shop integrieren, zumindest dessen Basisfunktionen. So kann mit WordPress als Blog und Shop gearbeitet werden was viele Vorteile bringt. Diese Kombination wird beispielsweise im US Amerikanischen E-Commerce Markt immer beliebter. Dort lassen sich zahlreiche solcher kleinen Blogs/Shops finden. Dementsprechend gibt es mittlerweile diverse Anbieter für spezielle WP Shop Plug-ins und passende Themes. Nach meinen Recherchen entwickelt sich dies langsam aber sicher zum lukrativen Markt in den USA, der zur Zeit noch als Nische zu bezeichnen ist aber scheinbar ein gutes Wachstum verzeichnen kann. Besonders digitale Produkte wie eBooks, Audio Hörbücher aber auch Themes, Plug-ins und Templates lassen sich mit einem WordPress Shop erfolgreich verkaufen.

In Deutschland ausgebremst

Also beste Voraussetzungen für einen eigenen Online Shop in Deutschland der auf WordPress basiert? Warum das ganze nicht auch für den Deutschen Markt ausprobieren, ist doch alles nötige vorhanden? Selbstverständlich würde es gehen allerdings nur mit erheblich Mehraufwand.

Der große Haken an der ganze Sache ist allerdings das Deutsche Rechtssystem bzw. Verbraucherschutz, welches strengstens zu beachten gilt. Alle mir bekannten Shop Plug-ins für WordPress, sind da lieder nicht verwendbar bzw. in der Lage, einen rechtskonformen Shop für den Deutschen Markt zu bieten. Beispielsweise muss vor dem Abschluss eine AGB (sofern vorhanden, nicht zwingend erforderlich) vom Kunden anerkannt/bestätigt werden, die Widerrufsbelehrung muss deutlich sichtbar und jederzeit für den Kunden abrufbar sein, Preis- und Versandverordnungen beachtet werden (Versandkosten müssen deutlich bei Produkten gekennzeichnet sein), ebenfalls Kennzeichnung der Mehrwertsteuer und und und. Genau diese Dinge sind in keinem dieser Plug-ins vorgesehen und wer sich dennoch traut, ohne diese einen WordPress Shop  zu eröffnen, der wird sehr schnell ein paar teure Abmahnungen erhalten die dann auch gerechtfertigt sind. Ein angepasstes Plug-in wird nicht ausreichen daher muss eine komplette Neuentwicklung die speziell für den Deutschen Markt ausgerichtet ist, entwickelt werden. Dies kann, meiner Meinung nach, keinen falls kostenlos sein und ich will auch erklären muss ich dies so sehe.

Zeit- und Kostenintensive Entwicklung

So eine Neuentwicklung muss natürlich von Grund auf geplant und bestmöglich an die jeweiligen Gesetze angepasst werden. Da sich diese Gesetze regelmäßig ändern, sind hier eine kontinuierliche Pflege und Updates des Plug-ins, Pflicht. Ein Shop System besteht nicht nur aus dem eigentlich Plug-in, sondern auch aus einem Theme. Das Theme muss dementsprechend auch spezielle Funktionen unterstützen und kann kein “herkömmliches” WordPress Theme sein. So sollte ein Shop Theme beispielsweise beim Bestellvorgang (virtueller Gang zur Kasse) alles unnötige Ausblenden (Blog Kategorien, Links, Widgets usw) damit der Kunde beim Bestellen oder Zahlvorgang nicht abgelenkt wird und es zu einem Bestellabbruch kommt. Mit anderen Worten, das Theme ist ein wichtiger Teil zur Erhöhung der Konversationsrate. Zudem benötigt man auch ein individuelles Theme für den jeweiligen Shop und so eine spezielle Dienstleistung ist eben nicht Umsonst erhältlich.

Sicherheit

Der WordPress Shop muss auch unbedingt sicher sein, dies gilt nicht nur für den “inneren” Bereich vom Shop der durch SSL günstig gesichert werden kann, sondern ganz besonders für den Zahlvorgang via Kredit Karte, Überweisung, PayPal und dergleichen. Da offenbart sich auch schon die nächste Schwierigkeit für den Entwickler. Es gibt in Deutschland, meines Wissens nach, keinen Anbieter, der angepasste Zahlungsmodule für WordPress parat hat. Ob die Anbieter bereit sind, für einen relativ kleinen Nischenmarkt überhaupt Ihre Zahlungsmodule anzupassen, ist auch fraglich. Übernimmt der Entwickler diese Arbeit, gilt es Auflagen sowie Anforderungen zu erfüllen. Sofern diese Anbieter überhaupt Interesse an einem WordPress Shop bekunden und zur Zusammenarbeit bereit sind.

Schnittstellen

Ebenfalls sehr wichtig für ein Shop System, sind die verfügbaren Schnittstellen sowie Datei Import/Export Funktionen denn die Produkte sollen dem Kunden ja auch in diversen Preissuchmaschinen oder Google Base (Google Shopping), Online Auktionen oder Amazon angeboten werden. Das es gerade bei den Import Funktionen in WordPress hapert, konnte man in dem ein oder anderen Affiliate Blog bereits nachlesen. Da gibt es bis Dato keine zufriedenstellende Lösung. Eine Anbindung/Schnittstelle an eine der gängigen Warenwirtschaftssystme, darüber muss auch nachgedacht bzw. realisiert werden. Da viele Online Shops auf Dropshipping setzen (direkter Neutralversand vom Großhändler zum Endkunden), sollte auch an eine offene Schnittstelle für den aktuellen Lager/Warenbestand gedacht werden, der zwischen Großhändler und Online Shop synchronisierbar ist. Ohne diese Option, kann der Händler schnell in große Schwierigkeiten kommen.

Unheimlich viel Arbeit und das ganze ist mit einem sehr großen Risiko verbunden. Ich denke da jetzt nicht an mangelnde Nachfrage (der Bedarf ist schon da) sondern an dem eigentlich Lizenzsystem von WordPress: Die GPL.

Hohes Risiko für Entwickler durch GPL

Für Entwickler ist die GPL (General Public License), Fluch und Segen zugleich. Jedes Plug-in, was auf WordPress basiert oder unter die GPL Lizenz fällt, kann von dritten kopiert (auch Inhaltlich) werden und sogar verkauft. Der ursprüngliche Entwickler kann rein gar nichts dagegen unternehmen, da er den Lizenzbestimmungen der GPL zugestimmt hat. Natürlich ist es erlaubt, seine Plug-ins im Eigenvertrieb zu verkaufen oder auch kostenlos anzubieten. Das funktioniert in WordPress kreisen sicherlich gut und es herrscht “noch” ein gewisses Maß an Fairness.

Sobald man sich aber in den hart umkämpften E-Commerce Markt begibt, ändert sich dies Schlagartig. Besonders die Verbindung GPL und E-Commerce ist mit Vorsicht zu genießen. Das beste Beispiel dafür ist die in Deutschland sehr weit verbreitete zudem kostenlose Shop Software xt:commerce. Diese basiert auf os-commerce welche unter die GPL fällt und somit auch xt:commerce. Vor über zwei Jahren entbrannte genau wegen dieser Sache ein ziemlich heftiger Rechtsstreit. Dies Endete darin, das sämtliche für xt:commerce entwickelte Shop Module, die es zuvor fast nur käuflich zu erwerben gab, plötzlich für jeden frei herunter ladbar war. Die Konsequenz daraus ist, das sich kaum noch ein Modul Entwickler für xt:commerce findet und es somit keine neuen oder Verkaufsfördernde Shop Module erhältlich sind. Selbst für die schon lange bestehenden Shop Module, ist kein Support mehr vorhanden da fast alle Programmierer die Entwicklung sowie Support eingestellt haben. Einige Entwickler haben dadurch Ihre Existenzgrundlage verloren oder widmen sich Shop Systeme, die nicht auf GPL basieren. So wird auch xt:commerce nicht mehr weiter entwickelt. Die Programmierer haben ein komplett neues Shop System entwickelt, welches nicht unter die GPL fällt aber nun kostenpflichtig ist.

Fazit

Gerade solche Fälle, können Entwickler abschrecken und das ist mehr als verständlich. Klar ist auf jeden Fall, das man ein nicht zu unterschätzendes Risiko eingeht und eine Entwicklung/Pflege einiges an Zeit, Geld sowie weiteren Ressourcen verschlingen wird. Dies gilt ebenso für den Shop Betreiber. Ein auf WordPress basierendes Shop System, muss sich zudem gegen bereits etablierte Systeme beweisen, was auch nicht einfach sein dürfte.

Allerdings könnte so ein WordPress Shop die ideale Lösung für digitale Produkte sein die man quasi aus dem Blog heraus verkaufen könnte. Ich denke da besonders an Autoren die Ihre Bücher im Eigenvertrieb verkaufen wollen. Da könnte sich ein kleines Shop System im Blog, durchaus lohnen. Hier sollte aber vorher genau ermittelt werden, ob sich der Eigenvertrieb tatsächlich lohnt. Jede Optionale Zahlungsmöglichkeiten wie Kredit Karte oder PayPal, schlagen mit 4-5% an Gebühren (für den Shop Betreiber) je Bestellung zu buche und die ganzen rechtlichen Aspekte müssen auch geklärt sein (Anwaltskosten, Beratung). Eventuell ist ein Vertrieb von digitalen Produkten über einen Namenhaften Distributor oder Shop lohnenswerter und weniger Zeitaufwendig. Oftmals können vorher bestimmte Kosten/Provisionen auch individuell verhandelt werden ;-)

Wer sich für einen eigenen Online Shop interessiert, sollte sich unbedingt im Sellerforum.de umschauen. Dort gibt es sehr viele kompetente Leute und haufenweise Informationen zu den Themen.

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